Nel mezzo del cammin di nostra vita
mi ritrovai per una selva oscura
ché la diritta via era smarrita.
Ahi quanto a dir qual era è cosa dura
esta selva selvaggia e aspra e forte
che nel pensier rinova la paura!
Tant’è amara che poco è più morte;
ma per trattar del ben ch’i’ vi trovai
dirò de l’altre cose ch’i’ v’ho scorte
Dante Alighieri, Inferno, Canto I
Vergangenheit und Gegenwart, Dichtung und Dasein, Glaube und Gottlosigkeit: Dantes Divina Commedia regte Peter Weiss zu einer jahrelangen Auseinandersetzung mit dem Ungeheuerlichen der eigenen Geschichte an. Es sind die Sechziger Jahre in Deutschland, der emigrierte Schriftsteller kommt nach dem Holocaust in die Heimat zurück und begibt sich in einen Dialog mit dem Dichter Dante. Das Inferno bildet für ihn den Auftakt der Reise. Durch die Jahrhunderte hindurch wirken die Höllenvisionen wie Katalysatoren, die ein Denken in alle Richtungen ermöglichen. Bereits Dante hat sich mit grundsätzlichen Fragen von Politik und Schuld beschäftigt, seine erfundenen Szenarien sprengen die Grenzen der bloßen Realität, die Dichtersprache herrscht souverän. In einer kontrapunktischen Textmontage aus Passagen von Dante und Peter Weiss will die szenische Lesung einen Einblick in die Inferno-Vorstellungen der beiden Dichter geben.
Ich bin durch eine Stadt gegangen
die der Stadt in der ich aufwuchs ähnlich war
Die Strassen trugen Namen die ich kannte
Und wer mir hier begegnete sprach eine Sprache
die wie meine Sprache klang
Ich sah wie die Bewohner lachend
über die gepflegte Plätze gingen
auf denen gestern noch die Scheiterhaufen brannten
Peter Weiss, Inferno
2014