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Das Verhältnis von Aktivismus und Wissenschaft ist eines der großen Reizthemen unserer Gegenwart. Während Aktivist*innen aller Richtungen die Wissenschaft als selbstverständliche Arena ihres Engagements betrachten oder wissenschaftliche Erkenntnisse zur Durchsetzung ihrer Anliegen in Dienst nehmen wollen, wähnen andere die Wissenschaftsfreiheit oder gar das freie Wort überhaupt in Gefahr. Die Fronten verhärten sich, die Logik politischer Lagerbildung hat längst gegriffen.
Mit Armin Nassehi und Eva von Redecker kommen zwei Wissenschaftler*innen ins Gespräch, die auch außerhalb ihrer Disziplinen (der Soziologie und der Philosophie) als politisch engagierte, öffentliche Intellektuelle auftreten. Wie verorten sie ihre eigene Praxis im Spannungsfeld von Aktivismus und Wissenschaft? Sehen sie sich selbst als Aktivist*innen, und wenn ja, wie verhält sich ihr Aktivismus zur wissenschaftlichen Arbeit? Das von Patrick Eiden-Offe (ZfL) moderierte Gespräch wird aus der Selbstbeobachtung zu einer differenzierteren Betrachtung unserer Gegenwart führen, bei der gängige Frontstellungen aufgelockert und hinterfragt werden sollen.
Armin Nassehi ist Professor für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In seinen letzten Büchern hat er sich mit den Möglichkeiten und Grenzen sozialen und politischen Protests in der Gesellschaft der Gegenwart beschäftigt, die er als »digital« und »überfordert« charakterisiert. Er ist Herausgeber des Kursbuch und schreibt regelmäßig für verschiedene Tages- und Wochenzeitungen.
Eva von Redecker ist Philosophin. Sie schreibt über Kritische Theorie, Feminismus und die Revolution. Nach Stationen an der Humboldt-Universität zu Berlin, der University of Cambridge und der New School for Social Research in New York forschte sie 2020/2021 als Marie-Skłodowska-Curie-Fellow an der Università di Verona zur Theorie und Gegenwart des autoritären Charakters.
Patrick Eiden-Offe arbeitet am ZfL auf einer Heisenberg-Stelle an einer intellektuellen Biographie von Georg Lukács. Er hatte Gast- und Vertretungsprofessuren an den Universitäten Chicago, Bochum und Hamburg sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin inne. Sein Buch Die Poesie der Klasse. Romantischer Antikapitalismus und die Erfindung des Proletariats (2017) erscheint 2023 in englischer Übersetzung.
Die Diskussion ist Teil der ZfL-Tagung Aktivismus und Wissenschaft I: Zur Theorie, Geschichte und Aktualität einer Provokation.
2022